Roters & Buddenberg Roggen- und Gerstenmühle im Rheinhafen Krefeld

Eines der ersten Unternehmen das sich im 1905 erbauten Rheinhafen ansiedelte, war die Roggen- und Gerstenmühle von Reinhold Becker. Ihr Gebäude steht seit 1907 neben der Drehbrücke. Daran anschließend überragt der mächtige Backsteinbau des zweiten großen Getreidesilos mit Turm von 1916 als Landmarke den Hafen und ist schon aus Kilometern Entfernung zu sehen.

Sehenswert ist die gesamte Mühlen-/Silo/Lagergebäude- Landschaft an der Jugendstil-Drehbrücke.

Geschichte und Hintergund

Briefkopf Roggen und Gerstenmühle Reinhold Becker Crefeld Linn, ca, 1910,
Mühlengebäude, Elevator und Drehbrücke

Der Gelsenkirchener Mühlenbesitzer Reinhold Becker gegründete 1907 die Roggen- und Gerstenmühle am Rheinhafen, parallel zum Hafenbecken, unmittelbar an der Drehbrücke.

Der Backsteinbau hat eine reiche Gliederung aus Stockwerkskgesimsen, besonders schön sind die zurückliegenden Wandfelder, die durch Rundbogenfriese nach oben abgeschlossen werden. Details dazu: siehe anschließendes Foto, Fassade hinter dem Schornstein.

Die erste Mühle von 1907, darauf Erweiterung 1911, Ausschnitt aus Foto: Rudolfo42 CC BY-SA 4.0, Link

In der Fassade rechts im Foto sind zwei sich nach oben stetig verjüngende Stützpfeiler angefügt. Ebenso sehr sorgfältig gestaltet ist die sich auf den ursprünglich Bau von 1907 erhebende Aufstockung.

Bereits 1911 musste Reinhold Becker der durch Warentermingeschäfte in Bedrängnis kam die Mühle veräußern. Umgeflaggt war ihr Name dann Crefelder Mühlenwerke und ein rechtwinklig anschließenden Flügel kam hinzu. Auch dieser sich an die erste Mühle anschließende Anbau hat vergleichbare Formelemente der ursprünglichen Mühle, wie Wandlisenen, Stockwerksgesimse und Rundbogenfries unter der Traufe.

1916 folgte zudem der turmartige große Anbau des mächtigen Getreide-Silospeichers. Sein mächtiger Backsteinbau wird von einem hohen Walmdach mit einem massig und schwer in Backstein ausgeführten Dachreiter abgeschlossen. Dieser ist polygonal ausgebildet und wird durch zwei niedrigere Flankenbauten begleitet.

Foto: Rudolfo42 CC BY-SA 4.0, Link

Im Inneren des Silos gehört das Treppenhaus mit einer massiven, in Beton erbauten Treppe und einem in das Treppenauge eingebauten Fahrstuhl zum denkmalwerten Bestand. Der Fahrstuhl ist zur Personenbeförderung mit Trittbrettern für jeweils eine Person ausgerüstet. Weiterhin sind im Gebäude Elevatoren mit zugehörigen Elektromotoren und die zu den Silozellen führenden Rohre zum Getreidetransport erhalten.

Getreidesilo, 1916, Foto: Rudolfo42 CC BY-SA 4.0, Link

Duisburger Mühlenwerke, Roters & Buddenberg

Während des Zweiten Weltkrieges erfolgte 1943 die Übernahme durch die Duisburger Mühlenwerke AG. Eine deutliche Änderung im Erscheinungsbild der Gesamtanlage brachte 1963 der Neubau eines schmucklosen Betonsilos mit pneumatischer Schiffsentladung, unmittelbar am Hafenbecken.

1985 wurde die Anlage durch das 1982 gegründete und aus Duisburg stammende Unternehmen Roters & Buddenberg des Spediteurs Wilhelm Roters und des Müllermeisters Gerhard Buddenberg übernommen. Roters & Buddenberg nutzte die Bauten als Umschlag- und Lagerbetrieb für Getreide und Ölsaaten.

Über die Bedeutung der Roggen- und Gerstenmühle im Rheinhafen

Die Krefelder Mühlen runden nicht nur die Geschichte des gesamten rheinischen Großmühlenbaus ab, sondern mit der Roggen und Gerstenmühle ist ein rares Exemplar in der Formensprache des 19. Jahrhunderts erhalten geblieben, die darüber hinaus mit ihren Erweiterungsbauten bis in die Moderne des 20. Jahrhunderts übergeht und mit dem Silogebäude von 1916 eine städtebauliche Landmarke für Krefeld übernimmt.

Überall in den großen Rheinhäfen gehörten die Großmühlen zu den wichtigen und prägenden Industriebranchen. Aufgelistet: im Neusser Hafen die Hansa-Mühle, im Köln-Deutzer Hafen die Auermühle-/ Ellmühle und im Bonner Hafen die Weizenmühle Carl Auer.

An anderen Standorten wurden diese historischen Großmühlen nach ihrer Ausserdienststellung in die Konversion der Häfen erfolgreich einbezogenen. Beispielhaft sind im Duisburger Hafen die Bauten der Küppersmühle, der Lehnkeringspeicher und die Märkische Mühlen AG (Rosigny) zu nennen.

Erhalt

Vor wenigen Jahren erwarb in Krefeld eine Firma die historische Roggen- und Gerstenmühle Mühle von der Familie Roters, letztendlich nur um sie abzureissen.

Vorbild war das umstrittene Vorgehen eines multinationalen Chemiekonzerns, der den Abriss seines Casinogebäudes absurderweise mit wirtschaftlichen Gründen erklären konnte.

Dieses eröffnete für den Umgang mit Kulturdenkmälern nun vollkommen neue Perspektiven. Kostengünstig an ein wertvolles Grundstück mit einem Denkmal kommen, schnell der Abrissantrag, weil “wirtschaftlich nicht zu nutzen” und damit dann Kasse zu machen.

Dazu am 14. November 2019 die Rheinischen Post, Norbert Stirken: “Nach dem Willen des [neuen] Eigentümers sollen die Bauten einer neuen Nutzung Platz machen. [Die neuen Eigentümer] haben die renommierte Kölner Kanzlei […] mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt. Die Anwälte aus der Domstadt sind nicht irgendwer, sondern die Experten, die für die Covestro AG die Abrisserlaubnis des denkmalgeschützten Kasino-Baus am Uerdinger Rheinufer erstritten haben.” … Dass auch denkmalgeschützte Silo-Gebäude wirtschaftlich genutzt werden können, beweise ein Blick aufs Nachbargrundstück. „Die ursprünglich ebenfalls 2014 zum Abbruch beantragten Gebäude [Silo Schou] konnten in der Zwischenzeit durch neue Eigentümer wieder genutzt werden“, informierte [der Sprecher der Stadt Krefeld], Senger.”

Am 8. Juli 2020 die Westdeutsche Zeitung, Yvonne Brandt: “Die Klage der Krefelder Firma [… vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf…] gegen die Eintragung des Gebäudekomplexes in die Denkmalliste ist abgelehnt worden. Sie will das Silo abreißen und einen Neubau im Hafen errichten. […] zweites Verfahren […] Verwaltungsgerichts […] Die Eigentümer wehren sich juristisch dagegen, dass die Stadt schon vor der Eintragung in die Denkmalschutzliste einen beantragten Teilabriss abgelehnt hatte. Denkbar wäre, dass am Ende einzelne Teile abgerissen werden dürfen, so [Gerichtssprecher] Wildhagen.

Im Dezember 2022 fand ein zweites Klageverfahren des Eigentümers mit dem Zweck der Genehmigung des Abrisses vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf statt. Danach wanderte das Verfahren zum Oberverwaltungsgericht Münster, das die Klage bisher (Stand Anfang 2025) noch nicht angenommen hat.


  • Kulturdenkmale sind zu erhalten.
  • Der Aufwand dafür ist erheblich.
  • Der Erhalt kann nur durch eine sinnvolle Umnutzung sichergestellt werden.
  • Es geht also um Überlegungen, wie dieses Denkmal und die gesamte vordere Hafenlandschaft zukünftig wertschöpfend erhalten werden kann
  • und zwar zusammen mit der funktionierenden Wirtschaft / Industrie im Hafen
  • Wenn unsere Generation dazu keine Ideen hat, dann muss ein Denkmal erhalten und optimal konserviert werden, bis nachfolgende Generationen diese Aufgabe annehmen und sinnvolle Überlegungen irgendwann stattfinden werden.
  • Siehe Ausstellung “Schätze – neu denken” 2025
Kulturlandschaft Rheinhafen Krefeld, rot eingezeichnet: die aussagekräftigen Kulturdenkmäler, siehe industriekultur-krefeld.org

Umnutzung? Wie so was gehen könnte zeigte

bereits im August 2022 das

MA_Studio MahlWerk

Prof. Björn Martenson
Prof. Claudia Schmidt

Fakultät für Architektur Hochschule München

in Zusammenarbeit mit dem
Klärwerk Krefeld
und wirstadt.org Krefeld

in einer

Ausstellung

die den einzigartigen Wert der Mühle herausgearbeitet hat

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Roters & Buddenberg
von Walter Buschmann

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