Getreidespeicher der Crefelder Lagerhausgesellschaft Schou

Eines der oft übersehenen Industriegebäude Krefeld sind die aus Eisenbeton erbauten Silos im Rheinhafen. Einer davon ist versteckt und nur von der Drehbrücke aus zu erblicken. Er ist bis heute in Betrieb.

Sehenswert ist der Silospeicher, heute zwar umringt von neueren Silos, das gerade macht ihn dennoch sehr fotogen.

Geschichte und Hintergrund

Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte die Mühlenindustrie in Deutschland einen großen Aufschwung. Das Deutsche Reich hatte Handelsverträge mit etlichen Getreide exportierenden Ländern abgeschlossen. Das Getreide, insbesondere Weizen, kam mit Seedampfern in Rotterdam und Antwerpen an und wurde von dort weiter transportiert zu den Rheinhäfen, wo es gelagert und weiterverteilt wurde. So wurden Mühlenbetriebe sowie Getreidelagerhäuser und -silos zu bedeutenden und prägenden Bestandteilen aller Rheinhäfen. Das Silogebäude

Lagerhaus aus Eisenbeton

Briefkopf Crefelder Lagerhausgesellschaft Schou & Co, 1915, Quelle: Stadtarchiv Krefeld

Im Krefelder Rheinhafen wurde 1911 das Getreide- Lagerhaus mit 15.000t Kapazität aus Eisenbeton nach den entwürfen des Architekten Hugo Koch errichtet.

Die Bauzeit betrug lediglich sechs Monate. Wahrscheinlich wurde der Bau von Wayss & Freytag ausgeführt, die zuvor bereits für die Beton- / Eisenbetonkonstruktion des städtischen Lagerhauses am Hafenkopf des Krefelder Hafens, sowie für die Lokremiese mit freitragender Monierdecke der Hafenbahn verantwortlich gezeichnet hatte. 

Die funktionale Gliederung des Getreidespeichers ist am Außenbau gut ablesbar: Im hoch aufragenden nördlichen Kopfbau mit dreiachsigem Risalit und Turmbekrönung befinden sich der Maschinenraum sowie das Treppenhaus mit dem Aufzug. Daran schließt der leicht auskragende Trakt mit den Schüttböden an, der durchfenstert bzw. mit Lüftungsklappen ausgestattet ist.

Die Auskragung nimmt den um die Schüttböden außen entlang laufenden Gang auf. Charakteristisch für die Auskragung sind die seitlichen Abrundungen zu den anschließenden Gebäudeteilen. An die Schüttböden schließt südlich der Trakt mit den Silozellen an, der sich äußerlich durch geschlossene Wände mit einem Relief auszeichnet, das formal auf die Silozellen im Inneren hindeutet. Silos aus Eisenbeton 

Der Baustoff eröffnete regional, national und international zu dieser Zeit die neuen Möglichkeiten, auf begrenztem Raum ein hoch aufragendes sehr tragfähiges Gebäude zu errichten. Silowände wurden bisher in der Regel aus Holz, Eisen, Ziegelmauerwerk hergestellt. Seit dem Aufschwung der Eisenbetonbauweise um die Jahrhundertwende ergaben sich allerdings bedeutende Vorteile für die moderne Eisenbetonbauweise.

Denn bei Getreideschächten wurde bisher ein sehr wesentlicher Teil durch die Konstruktion selbst in Anspruch genommen, erst bei den in Eisenbeton ausgeführten Bauten ergaben sich bedeutende Einsparungen jener Konstruktionen, es konnte annähernd das doppelte Fassungsvermögen bei gleich umbautem Raum erzeugt werden. 

Zudem hatte Eisenbeton entscheidende Vorzüge bei der Feuerbeständigkeit, den geringeren Unterhaltungskosten, der besserer Formbarkeit der Behälter. Durch die größere Widerstandsfähigkeit des Materials konnten bedeutend dünnere Wände errichtet werden, die wiederum eine bessere Raumausnutzung ermöglichten. Bei Getreidesilos in Eisenbetonkonstruktionen ist zudem der bessere Schutz vor Feuchtigkeit und Ungeziefer gegeben.

Als rationelle Lagermöglichkeit von Schüttgut waren Silos in Amerika schon längere Zeit in Dienst, in Deutschland waren bisher Stückgutlagerhäuser für die Getreideeinlagerung verwendet worden, Silos setzten sich erst nach 1900 durch. In den 1920er Jahren wurden Silos zudem zu einer eigenen Baugattung mit einer eher kubischen und ornamentfreien Ästhetik. Einordnung

Der Getreidespeicher Schou ist als eines der repräsentativen frühen Beispiele der in Eisenbeton ausgeführten Speicher. Es handelt es sich um einen relativ frühen monolithischen Eisenbetonbau in Deutschland. Der Bau ist mit seiner Konstruktion ein anschaulicher Beleg dafür, wie attraktiv und erfolgreich monolithische Eisenbeton-Konstruktionen in der Folgezeit noch sein würden.

Erhalt

Der Getreidespeicher ist in Betrieb.

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