Eines der Wahrzeichen der Stadt Krefeld sind die stolzen Lagergebäude auf der Halbinsel des Krefelder Rheinhafens. Wer immer mit dem Auto oder Fahrrad die Rheinbrücke quert, wirft automatisch einen Blick darauf. Sie erzählen aus der Zeit, als sich die Stadt Krefeld von Samt und Seide löste. Neues Gewerbe sollte hier Platz finden. Und dazu entstand eines der modernsten Logistikzentren seiner Zeit.
Sehenswert sind die beiden Lagergebäude auf dem Hafenkopf. Sie sind allerdings bisher nicht zugänglich. Die beste Perspektive ergibt sich zur Zeit von der Rheinbrücke oder der Hafen-Drehbrücke.
Geschichte und Hintergrund
Auf dem „Hafenkopf“, der in den Rhein ragenden Halbinsel, wurden im Zuge des Baus des Rheinhafens die Ufer durch 500m lange senkrechten Kaimauern rundum befestigt, um Anlandungsplätze für den Schiffsverkehr herzustellen.
Auf dem Hafenkopf entstand der Bereich des Handelshafens. Auf der Rhein- und auf der Hafenseite waren dazu Kaimauern errichtet worden und ein stadt-eignes Lagerhaus mit 5700m² Lagerfläche erbaut worden.
Die Rundbogen-Ladetore des Erdgeschosses, mit umlaufender Laderampe, ermöglichten den nahtlosen Übergang von Güterwagons der Hafen-Kleinbahn, deren Gleise zwischen Gebäude und der Kaimauer verlaufen.
Das Erdgeschoss diente der Abwicklung des Durchgangsverkehrs, fasste die Büros des Hafen-Werftamtes, des Hafen-Zollamtes und der Werftbüros von Speditionen. Die oberen Etagen sind mit (bis heute erhaltenen) elektrischen Aufzügen erreichbar und dienten Speditionen und dem Zoll als moderne Lagerräume.
An der Gebäudefassade über dem Erdgeschoss eingelassene Laufschienen trugen insgesamt vier elektrische Portalkräne von 2,5 – 4t, die somit über die Eisenbahnwaggons hinweg fahren und arbeiten konnten.
Auch hier war man der Zeit voraus, elektrische Kräne waren doch gar nicht selbstverständlich, statt Dampfbetrieben wie noch im benachbarten Uerdingen setzte man hier auf die sich gerade erst durchsetzende elektrische Energie.
Die Kraft des städtischen Elektrititätzswerks reichte für die Versorgung des Hafens und des Klärwerks (elektrisch angetriebene Reinigungsapparate und Hochwasserpumpen) noch nicht aus, daher führte man den Strom aus Moers vom Kraftwerk der Zeche Rheinpreussen zu.
Ein multimodales Logistikzentrum
Die Stadt Krefeld schrieb mit dem städtischen Lagergebäude durchaus Geschichte. Denn es zählte zu den ersten multimodalen Logistikzentren der Zeit. Ein hochmoderner Warenumschlagplatz entstand, der den Handel der Stadt mit dem Transportweg Eisenbahn und Rheinschifffahrt an zentraler Stelle intelligent und neu verknüpfte.
Dazu wurde eine Straßenbahnlinie aus der Krefelder Innenstadt über das eingemeindete Linn bis in den Rheinhafen geführt. Die stadteigene Hafenbahn verband den Güterbahnhof Krefeld Ost an der Innenstadt mit dem Hafen und fuhr selbstverständlich dazu über die Drehbrücke.
Zur Hafenspitze hin ist um etwas später um 1908 eine zweite kleinere Werftlagerhalle für eine Spedition errichtet worden. Eduard Schou & Co., war im Rheinhafen ansässig und wurde dort 1930 als Krefelder Spedition weitergeführt. (siehe auch Crefelder Lagerhaus Spedition Schou)
Zwischen den beiden Gebäuden fuhren die Portalkräne über Laufschienen, getragen von einer aufgeständerten Brücke. Diese historische Kranbrücke steht, wie das gesamte Ensemble unter Denkmalschutz und ist allerdings durch die stadteigene Hafengesellschaft dennoch entgehen des DSchG. NRW demontiert worden.
Erhalt
Das Betriebspersonal der beauftragten Hafengesellschaft äußerte immer wieder Sorgen, dass der Umschlagplatz als ein landeswichtiger Hafen gefährdet sei. Diese Klage resultierte aus Erfahrungen der Hafenmannschaften in Neuss, Köln und Düsseldorf. Dort waren spannende neue urbane Lagen, unter Integration eines Teils der historischen Substanz, entstanden. Vorbild waren bereits Projekte aus anderen europäischen Länder. Davor hatte man in Krefeld Angst. Die Hafenwirtschaft konzentrierte sich auf die Kennzahlen Umschlagmenge und Gewinnrechnung.
Deswegen forderte man in Krefeld ganz entgegengesetzt, sogar im Tenor mit der Bezirksvertretung Uerdingen:
Die Gebäude sollen weichen
und die leere Fläche soll dann als
erweiterter Containerstellplatz
dienen.
Eine absurde Vorstellung, die dem entsprechend schnell Widerstand erfuhr. Denn das geht auch ganz anders. Die Erschließung des Hafenkopfs, ob nach Düsseldorfer, Kölner oder einem der weiteren vielen Vorbilder in Europa, als eine sogenannte „urbane Wasserlage“ ist hier in Krefeld auch das, was langfristig passieren muß. Die notwendigen Ideen, Entscheidungen, der Antrieb für eine erschließende Planung fehlt aber bisher.
Die Entwicklung jenes Hafenkopfs würde dem Hafenbetrieb eine langfristige und nachhaltigere Perspektive als bisher geben. Die ausserordentliche Denkmallandschaft um den Hafenkopf ist es jedenfalls Wert, mal ernsthaft nachzudenken. Denn rein wirtschaftliche Interessen können nicht mit Gemeinwohl abgewogen werden.
Mehr lesen:
Literatur:
Heinzerling, F.: Die Beweglichen Brücken, Leipzig, 1883
Schäfer, Th. / Sonne, Ed.: Der Brückenbau (Handbuch der Ingenieurwissenschaften), Leipzig 1888
Schmidt. Eckhard: Fotodokumentation zum Abbau der Drehbrücke Kappeln an der Schlei, Kappeln 2012
Merlin: Eisenbahn und Straßenbrücke über den Oberhafen Hamburg, 1907
Hovey, Otis Ellis: Movable Bridges I und II, New York 1927
Bettge, Fritz: Eine Bewegliche Riesenbrücke, in Der Bautechniker 49, Berlin 1912, S.1219
Hüttenes, Christiane, Und wie lange dreht „sie“ sich noch? – Zur Entstehungsgeschichte
der Hafen-Drehbrücke in Heimat Krefeld, Verein für Heimatkunde e.V. Krefeld, Nr. 75, 2004, S. 149ff
Erhalt
Noch 2015 sprechen sich die Uerdinger Bezirksvertreter einstimmig dafür aus, dem Rat der Stadt Krefeld zu empfehlen, das Magazingebäude „Am Hafenkopf 4“ aus dem Denkmalschutz zu nehmen und es für den Ausbau der „Südwerft“ zu einer großen Umschlagstelle abzureissen.