Siedlung Ulmenstraße

1896 wird in Krefeld das damals schon aufsehen erregende schlossartige Gebäude einer Baumwollspinnerei als viergeschossiger, turmumstandener Bau errichtet, in der eine 2400-PS-Dampfmaschine fast 80.000 Spindeln antreibt. Die größten Probleme der Anfangsjahre der Crefelder Baumwollspinnerei AG war aber nicht ihre technische Ausrüstung, sondern die fehlenden Arbeiter. Die Arbeitskräfte kamen zu einem großen Teil aus Böhmen. Auf dem firmeneigenen Grundstück an der Ulmenstraße wurde daher 1900 eine Reihe Arbeiterhäuser errichtet. 

Sehenswert ist die Arbeitersiedlung Ulmenstraße. Die Spinnerei ist nicht erhalten.

Crefelder Baumwollspinnerei, Foto: Firmenschrift zum 25jährigen Bestehen, 1921

Im Wechsel von der Hauweberei zum mechanisierten Fabriksystem herrschte in Krefeld Wohnungsnot. Eigene Arbeitersiedlungen zu bauen war allerdings für die Stadt Krefeld bisher nicht in Betracht gekommen. Die junge Baumwollspinnerei hatte zudem das Problem, dass die Mehrheit der Textilarbeiter die in der Seidenindustrie arbeiteten, ein höheres Lohnniveau erforderten.

Arbeiterschaft der Crefelder Baumwollspinnerei. Foto: Firmenschrift zum 25jährigen Bestehen, 1921

Um den Mangel an Arbeitskräften auszugleichen, warb die Baumwollspinnerei günstigere und ausgebildete Arbeitskräfte aus Öster­reich-Ungarn und der Tschechoslowakei an­ und quartierte diese in im Jahr 1900 eigens gebauten Wohnhäusern auf dem Werksgrundstück in der Ulmenstraße ein. Die Ulmenstraße ist dem Zufolge die ursprüngliche Siedlung Klein Österreich gewesen, zur heute so genannten Siedlung mehr unter „Siedlung Klein Österreich“ und und diesem Zusammenhang auch „Siedlung Stahldorf„.

Nachdem die Textilkrise in den 60er/70er Jahren zu zahlreichen Firmen- Stilllegungen führte, wurde auch die Krefelder Baumwollspinnerei im Jahr 1971 geschlossen. Das imposante Hauptgebäude wurde durch die Stadt Krefeld übernommen und sollte die Fachhochschule aufnehmen. 1977 geriet allerdings im Keller gelagertes Papier in Brand und beschädigt das Gebäude schwer. In Nordrhein Westfalen gab es bis dato kein Denkmalschutzgesetz. Der Erhalt wurde nun nicht mehr favorisiert und das Gebäude wurde 1978 letztendlich abgebrochen.


Überlebt haben aber einige der Siedlungshäuser der Ulmenstraße, obwohl die Häuser seit der Stilllegung der Spinnerei ebenso insgesamt vom Abriss bedroht waren. Die einzelnen Häuser bestehen aus Erd-, Ober- und einem Dachgeschoss und in jedem Doppelhaus waren vier Familien untergebracht, in einigen Häusern wohnte zudem noch ein Mieter auf dem Speicher.

Crefelder Baumwollspinnerei AG, Werksperspektive

Die Siedlung ist auf einem undatierten Briefkopf als Doppelreihe mit insgesamt acht Doppelhäusern deutlich zu erkennen.

Der Zustand der Häuser war bereits nach dem Ersten Weltkrieg bedenklich geworden, auch nach der Übernahme der Spinnerei und Häuser durch die Wohnstätte Krefeld Gemeinnützige Wohnungs-Aktiengesellschaft besserte sich zunächst nichts, bis die Gebäude modernisiert wurden und zwischen den einzelnen Häusern Neubauelemente mit Sanitärzellen eingefügt wurden. 1982 wurden die Häuser unter Denkmalschutz gestellt und befinden sich in Privatbesitz.


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von Christoph Becker

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