Villa Rudolf Wedekind, Haus Rheinhorst

Eines der rätselhaften Gebäude am Uerdinger Rheinwerft ist diese eigentümlich und herrschaftlich aussehende, eher burgartige Villa. Sie ist einen genaueren Blick wert, viele sehenswerte Elemente der Fassade sind in Uerdingen von der Straße aus perfekt zu entdecken.

Die 1906 erbaute Villa gehörte einem der Industriellen, die als Pioniere der Chemieindustrie Uerdingens zu wirtschaftlichem Erfolg gekommenen waren.

Geschichte und Hintergrund

Die auch Haus Rheinhorst genannte Villa hatte der Uerdinger Chemiefabrikanten Rudolf Wedekind vom Architekten Heinrich Metzendorf entwerfen lassen. 

Heinrich Metzendorf war Architekt und baute zahlreiche Fabriken, Beamtenhäuser, Arbeiterhäuser und viele andere Bauten, aber insbesondere weit mehr als als 300 Villen.

Er gehörte zu den Pionieren des Deutschen Werkbundes und war für durchweg hohe handwerkliche Qualität und Detailgenauigkeit bekannt, sein Baustil war eher traditionell mit Elementen des Jugendstils wie aber auch

Gerne verwendete Heinrich Metzendorf Baumaterialien und Stilelemente aus seiner Heimat in der Region Bergstraße im Odenwald, dazu zählen roter Sandstein aber auch Granit, das Holzfachwerk und Biberschwanzziege, ebenso gerne aber auch vor Ort vorgefundenes, wie den „Uerdinger“ Barockgiebel oder Elemente des Jugendstils.

Ansicht der Villa Wedekind

Wie sein Bruder Georg Metzendorf (Krupp Siedlung Margarethenhöhe in Essen) gehörte Heinrich Metzendorf zu den Pionieren des Deutschen Werkbundes.

Rudolf Wedekind muss zu dieser Zeit ausgesprochen wohlhabend gewesen sein.

Rudolf Wedekind hatte 1886 eine Alzarinfabrik (Alizarin war der erste natürliche Farbstoff, der synthetisch im industriellen Maßstab hergestellt wurde, er war lange Zeit ein bedeutender Beizenfarbstoff) in Leichlingen bei Elberfeld übernommen.

Am 2. November 1890 verlegte er das Werk R. Wedekind & Co. von Leichlingen nach Uerdingen am Rhein.

Wedekind stellte begehrte synthetische Teerfarbstoffe bzw. deren Vorprodukte her, forschte unter anderem zu Anthracenfarbstoffen, der Herstellung von Trichloranthraflavinsäure als Ausgangsmaterial für teure Farbstoffe und besaß dazu Patente. Bereits im Jahr 1900 wurde auf Initiative der führenden Hersteller von Teerfarbstoffen, Bayer aus Leverkusen und BASF aus Ludwigshafen die dem Preisdruck des Weltmarkts durch die Einigkeit der Chemieunternehmungen entgegentreten wollten, zusammen erste Absprachen getroffen.

Ein Schwerpunkt der Arbeit des Chemiewerks lag in der Forschung im Laboratorium, dort wurde u.A. zur Chromierung und dem Färben mit
Chromierungsfarbstoffen geforscht, zudem zahlreiche Patente eingereicht.

Das Werk lag wie auch die Villa am Rheinufer, allerdings weit flussabwärts, kurz vor der bedeutend größeren Chemiefabrik Weiler ter Meer. Diese hatte sich 1916 der Interessengemeinschaft der Farbenfabriken (I.G. Farben) angeschlossen.

Die Chemiefabrik Weiler ter Meer im Verbund der Interessengemeinschaft der Farbenfabriken (I.G. Farben) übernahm 1918 die Gesellschaft R. Wedekind & Co. vollständig.

Villa Wedekind (links) und Fabrik R. Wedekind Cie (rechts),
Karte: 1901

Rudolf Wedekind starb 1926 und die 1929 als Stadt „Krefeld-Uerdingen am Rhein“ geformte Dachgemeinschaft der Städte Uerdingen und Krefeld stellte das Haus um 1930 dem Ortsleiter der NSDAP zur Verfügung.

Die Villa diente nach der Reparatur von Kriegsschäden seit 1950 – 1955 als Standort der Textilingenieurschule Krefeld und deren Gewebesammlung, sowie als eine Lehrstätte für die Designerklasse des Bauhaus-Lehrers Georg Muche.
Mehr dazu im Architekturguide Krefeld.

1967 bis 1971 wurde das Gebäude als Realschule verwendet, danach als Bildungsinstitut der „Stiftung Rheinhorst“ die nach Rudolf Steiner Grundsätzen arbeitete, es wurde aber vor einigen Jahren von den benachbarten Alberdingk Boley Werken übernommen, die das Gebäude als Tagungszentrum benutzen möchten. 

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